Im Gespräch mit Frau Bärbel Borchers - August 2023

Die Enkelin, der für die Schloss-Schule elementar wichtigen Amalie Pfündel, blickt dankbar auf ihre Kindheit und Jugend zurück. Sie ist seit Juli 2023 im Vorstandsteam des Schloss-Schul Vereins und es ist ihr ein Herzensthema ehemalige Schülerinnen und Schüler wieder näher zusammenzubringen und die Intension ihrer Großmutter und ihrer Eltern weiter zu tragen.

Was fällt Dir spontan als Erstes ein, wenn Du an die Zeit an der Schloss-Schule denkst?
Es war alles einfach sehr familiär. Ich habe mich als Kind hier auf dem Gelände immer gefühlt wie in einer großen Familie. Es war immer jemand da. Einer hat mir das Fahrradfahren beigebracht, mit einer anderen Gruppe bin ich zum Schlittschuhlaufen. Das war echt toll! Ich habe während der ganzen Zeit so viele Menschen kennenlernen dürfen und habe auch noch zu sehr vielen einen guten Kontakt. Was mir auch sehr in Erinnerung ist, dass unser Haus immer offen war für alle.

Natürlich war es oft für mich auch besonders, weil ich zum einen die Tochter des Schulleiters war, aber auch gleichzeitig Schülerin. Damit habe ich aber schnell gelernt umzugehen.

Welche schulischen Stationen hattest Du vor der Schloss-Schule?
Die Grundschuljahre war ich direkt gegenüber an der damals neu gebauten Schule. Hier hatte ich auch eine gute Zeit. Wir hatten damals sehr große Klassen mit über 40 Schülern und sehr nette Lehrer. Ich war dort sehr gerne. Ich erinnere mich auch an ein tolles sportliches Angebot, das kam aber glaube ich vom Sportverein.

Was hat sich für Dich an der Schloss-Schule geändert?
Auf der Schloss-Schule war ich die Tochter vom „Bo“. Das war natürlich anders wie vorher. Das war auch nicht immer einfach. Bei guten Noten wurde manchmal hinterfragt warum ich diese bekommen habe. Das hat sich aber irgendwann gegeben. Meine Eltern hätten mich und meine Geschwister schon gerne als Vorbild für die Jugendlichen im Internat gesehen. Diese Erwartungen habe ich aber zu ihrem Bedauern nicht immer erfüllt (sie schmunzelt). Aber sie waren andererseits auch sehr liberal und ich hatte im Vergleich zu meinen Freundinnen damals schon sehr viele Freiheiten. Es waren aber halt auch so viele Schüler im Internat, um die sich meine Eltern kümmern mussten, dass der Fokus auch nicht immer so stark auf ihren eigenen Kindern ruhte.

Was hast Du an der Schloss-Schule als prägend erlebt? Welche Werte, Lebensweisheiten oder sonstigen Einflüsse begleiten Dich bis heute?
Ich habe von meinen Eltern gelernt und vorgelebt bekommen, dass jeder seinen Beitrag zur Gemeinschaft leisten muss. Und zwar ohne eine Gegenleistung dafür zu erwarten und ohne darüber nachzudenken, welchen persönlichen Profit man daraus ziehen kann. Auch Toleranz war bei uns ein zentraler Wert. Jeder wurde gleichbehandelt und die Herkunft hat keine Rolle gespielt. Jeder durfte bis zu einem gewissen Maß so sein wie er oder sie ist.

Auch hatte mein Vater immer die Devise, dass jeder eine zweite Chance verdient hat.

Durch die zum Teil schlechter situierten Eltern von einigen Schülern ist die Idee geboren, dass es Unterstützung geben muss für die, die sie nötig haben, sodass jedem die Möglichkeit zu einer guten Schulbildung eröffnet wird und die finanziellen Mittel kein K.O.-Kriterium darstellen. Es wurde alles dafür getan, dass jeder Schüler und jede Schülerin auf Ausflüge mitgehen konnte. Dafür hat mein Vater echt gekämpft und sich stark gemacht. Hieraus ist auch die Idee des Schloss-Schul Vereins und des Amalie Pfündel Fonds entstanden.

Wie ging es nach der Schloss-Schule weiter?
Als ich Anfang/Mitte 20 war, sind meine Eltern vom Schloss-Schul Gelände weggezogen. Das hat mir auch Distanz zur Schule verschafft, weil dies nun einfach nicht mehr das Leben war, wie wir es zuvor gelebt hatten. Eine Zeitlang habe ich im Kochertal gewohnt, bin dann mit Ende 20 wieder nach Kirchberg zurück, habe geheiratet und zwei Kinder bekommen. 

Ich habe Ausbildungen im Textil-Einzelhandel und im Versicherungsbereich und habe in diesen Branchen hauptsächlich im Vertrieb und in der Ausbildung gearbeitet.

Etwas später habe ich mich dann noch zu einem Studium in Erding entschlossen und habe an der Fachhochschule für angewandtes Management Training und Coaching studiert. Hierauf folgte dann die Selbständigkeit in diesem Bereich. Diese Arbeit begleitet mich bis heute. Ich habe mich spezialisiert und begleite heute Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen.

Und weil ich mich gerne kreativ betätige, habe ich zuletzt noch eine Weiterbildung zur Farb- und Stilberaterin gemacht und bringe mich hier in einer Boutique in Schwäbisch Hall ein.

In meiner Freizeit engagiere ich mich in Kirchberg aktiv für den Naturschutzbund und mit meinem Neffen zusammen halte ich zur Landschaftspflege eine kleine Herde aus Ziegen und Schafen.

Welche Geschichten und Anekdoten aus der Zeit an der Schule dürfen auf keinen Fall fehlen?
Legendär waren die Altschülertreffen im Steinbruch. Hier war ich in den 70-er Jahren bereits als Schülerin mit dabei und das war jedes Mal ein Erlebnis. An was ich mich auch sehr gut erinnere sind die Treffen bei unserer Großmutter im Garten. Hier kamen immer die Ehemaligen und es wurde sich im Fantagarten ausgetauscht und man hat die gemeinsame Zeit genossen. Die guten alten Zeiten wurden einfach, egal ob im Steinbruch oder im Garten, in einem lockeren Rahmen gefeiert. Außerdem erinnere ich mich sehr gerne auch an die Skifreizeiten in Schwaz. Da hatten wir immer großen Spaß. Tagsüber waren wir je nach Können in verschiedenen Gruppen eingeteilt und später am Nachmittag gab es dann im Hotel Grafenast einen „Sanften Engel“. Das war ein Eisbecher aus Vanilleeis und Orangensaft und für mich etwas ganz Besonderes damals.

Kurz vor den Sommerferien gab es immer Projektwochen. Ich erinnere mich noch gut an das Kugelprojekt. Da wurde diese riesige, aus Holz gebaute Kugel, die es ja heute immer noch gibt, durch ganz Kirchberg gerollt, was damals für großes Aufsehen sorgte.

Wofür bist Du dankbar?
Ich bin meiner Oma extrem dankbar, dass sie den Mut und das Durchhaltevermögen nach dem Krieg besaß und so etwas Großes aufgebaut hat. Auch meinen Eltern bin ich sehr dankbar, dass sie dies alles weitergeführt haben. Ich durfte hier eine wunderschöne Kindheit und Jugend erleben. Außerdem bin ich dankbar für meine gute Schulbildung, die ich erhalten habe und für die vielen wunderbaren Menschen, die ich durch die Schloss-Schule kennenlernen durfte und bis heute noch zu vielen Kontakt habe. Das ist wirklich etwas ganz Besonderes für mich.

Was würdest Du heute, rückblickend auf Deine Schulzeit, anders machen?
Ich würde heute in der Schule besser aufpassen und so die Zeit, die ich eh in der Schule verbringe, besser nutzen. Und hätte mich als Jugendliche auch gerne für mehr Dinge interessiert. Erst ab der 10. Klasse wurde ich recht ehrgeizig. Heute würde ich mir wünschen, dass ich dies auch vorher schon gewesen wäre. Und ich wäre heute bei meiner Berufswahl mutiger und würde mehr wagen. Eigentlich wäre mein Traumberuf Försterin gewesen oder ein Sportstudium. Aber das habe ich mich damals einfach nicht getraut.

Was möchtest Du sonst noch mitteilen? Und was ist Dir wichtig im Bezug auf Deine Funktion im Schloss-Schul-Verein?
Ich möchte alles dafür tun, dass allen Schülerinnen und Schülern die Realisierung und Beteiligung der Angebote an der Schule möglich sind. Dass es in Bezug auf die wirtschaftlichen Verhältnisse keine Grenzen oder Unterschiede untereinander gibt. Ebenfalls ist es mir sehr wichtig, dass das große Schloss-Schul Netzwerk wieder aktiviert wird und Kontakte wiederaufleben können. Dass das „Wir-Gefühl“ wieder spürbar und die emotionale Bindung der Altschüler an die Schule gepflegt wird. Bildlich gesprochen, dass das Band das zwischen der Schule und den Schülern ist, nicht mit dem Verlassen der Schule durchtrennt wird, sondern weiter bestehen bleibt. Toll wäre, wenn jeder die Chancen erkennt, welche Möglichkeiten diese Gemeinschaft leisten könnte und kann.

Gibt es sonst noch etwas, was Du gerne mitteilen möchtest?
Sehr gerne will ich die jungen Menschen ermutigen, sich etwas zuzutrauen und etwas zu wagen. Auch wenn man mal scheitert ist dies nichts Schlimmes und es geht immer weiter!